Trauerrituale: heilsame Handlungen in Zeiten des Verlusts
Rituale, so scheint es, sind ein wenig aus der Mode gekommen. Einzig zu Ostern und Weihnachten, Jahres- und Geburtstagen, Taufen, Hochzeiten und Bestattungen scheinen sie noch eine größere Rolle zu spielen. Warum gibt es Rituale überhaupt und warum lohnt es sich, sie auch in unserer modernen Zeit zu erhalten?
Rituale schaffen Verbundenheit
Staatliche Rituale wie die Krönung eines Königs, die Vereidigung von Soldaten oder auch eine Kranzniederlegung zu einem Gedenktag dienen dazu, ein Gefühl der Verbundenheit zu schaffen. Und auch andere Gruppen vom Fußballverein bis zur Kirchgemeinde nutzen Rituale, um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Im kleineren Rahmen gibt es beispielsweise familiäre Rituale wie regelmäßige Ausflüge oder Restaurantbesuche, die durch feierliche Momente Vertrautheit schaffen.
Dass in einer weitgehend entritualisierten Zeit weiterhin eine Sehnsucht nach Ritualen besteht, zeigt, dass Menschen Zuflucht in Ersatzritualen suchen. Ob Rauhnachtsräucherung oder das Mantrasingen im Yogastudio – Rituale machen Spaß, laden zur inneren Einkehr ein und bezeugen die Zugehörigkeit zu einer Gruppe.
Abschiedsrituale im Trauerfall
Rund um die Bestattung Verstorbener gibt es zahlreiche Rituale, die je nach Region, Religionszugehörigkeit und natürlich passend zum finanziellen Budget der Angehörigen mehr oder weniger als Standard gelten. Da der Tod in unserer Gesellschaft weitgehend tabuisiert sind, geraten manche Rituale allmählich in Vergessenheit. Wer mit einem Trauerfall konfrontiert ist, sollte um seine Möglichkeiten wissen, um selbst entscheiden zu können, welche Rituale ihm guttun. Viele Bestatter bieten bestimmte Rituale nicht aktiv an, zeigen sich aber offen für eine Durchführung, wenn sie darauf angesprochen werden.
Zu den wichtigsten Ritualen rund um die Bestattung gehören:
- Das Waschen und Ankleiden des Verstorbenen: Angehörige dürfen selbstverständlich anwesend sein oder mithelfen, wenn der Verstorbene gewaschen und angekleidet wird. Es ist auch möglich, diese Tätigkeiten selbst zu übernehmen.
- Die Aufbahrung zum Abschiednehmen: Bestatter, Trauerbegleiter und viele weitere Menschen, die mit Trauernden arbeiten, sind davon überzeugt, dass es in vielen Fällen hilfreich ist, wenn sich Angehörige von ihrem Verstorbenen verabschieden. Dies kann im Rahmen einer Aufbahrung zu Hause oder auch im Abschiedsraum des Bestattungsunternehmens geschehen. Bei der Totenwache werden manchmal auch entferntere Verwandte, Nachbarn und Freunde dazu eingeladen, sich noch einmal von dem verstorbenen Menschen zu verabschieden. Bei der Abschiednahme am offenen Sarg ist es möglich, Fotos zu machen, den toten Körper zu streicheln oder Grabbeigaben zum Verstorbenen zu legen.
- Die Gestaltung von Urne und Sarg: Bestatter können aus einer riesigen Auswahl an Särgen und Urnen bestellen, was den Angehörigen gefällt. Es ist allerdings auch möglich, diese selbst zu filzen, basteln, zimmern oder Rohlinge zu bemalen und zu bekleben.
- Die Trauerrede: Eine Trauerrede, von einem Trauerredner, Angehörigen oder einem Pfarrer gehalten, ist elementarer Bestandteil einer gelungenen Trauerfeier. Hier ist es möglich, mehr als nur ein Stichwortgeber zu sein. Wer die Kraft dazu hat, kann die Trauerrede auch selbst halten oder diese Aufgabe einem Freund überlassen.
- Gleiches gilt für die Trauermusik: Es muss nicht immer Musik vom Band sein. Und es gibt keine Vorschrift, die besagt, dass bei einer Trauerfeier ausschließlich traurige Lieder gespielt werden dürfen. Warum nicht mal wieder die Gitarre rausholen, eine Band bestellen oder das Lieblingslied des Verstorbenen spielen, auch wenn es laut, lustig oder verrückt ist?
- Der Leichenschmaus: Manchem erscheint der Brauch des Leichenschmauses regelrecht unheimlich. Es ist gute Tradition, dass die Trauergemeinde nach der Bestattung in einem Café oder Restaurant zusammenkommt, um zu essen, zusammenzusitzen und Geschichten auszutauschen, die man mit dem Verstorbenen verbindet. Oft wird beim Leichenschmaus auch gelacht, eine Situation, die für manche Trauernde ambivalent ist. Doch auch wenn die Trauerfeier ein trauriges Ereignis ist, tut das gemeinsame Lachen gut und ist heilsam.
- Nach der Trauerfeier ist noch lange nicht Schluss mit den Trauerritualen. Oft gehen Familien zum Geburtstag des Verstorbenen in dessen Lieblingsrestaurant, um ihn zu feiern. Sie beten gemeinsam, besuchen Lieblingsorte oder zünden gemeinsam eine Kerze an. Heutzutage ist es auch möglich, eine Gedenkseite im Internet anzulegen und diese in regelmäßigen Abständen mit Anekdoten und Fotos zu füllen.
- Ist die Trauerfeier geschafft, beginnen viele Angehörige damit, sich mit dem Thema Grabmal auseinanderzusetzen. Wir haben die Berliner Grabmal-Manufaktur bewusst mit der Absicht gegründet, Angehörige in den Entwurf ihres Grabmals einzubeziehen. So ist es bei uns nicht nur üblich, dass Angehörige uns Stichpunkte liefern und grob skizzieren, wie das Grabmal aussehen soll. Oft kommen unsere Kunden zu Beratungsgesprächen zu uns, tauschen sich als Gemeinschaft mit uns über die Entwürfe aus oder liefern selbst Zeichnungen oder Motive, die sie auf dem Grabschild verewigt wissen wollen. Die Gestaltung wird als Ritual erlebt, das dabei hilft, den Verstorbenen in Erinnerung zu behalten.
Niemand sollte sich zu einem Ritual gezwungen fühlen. Mit einer empathischen Begleitung sind Angehörige meist aber zu weit mehr bereit, als sie selbst vermuten würden.
Von großen Gesten und kleinen Ritualen
Trauer kann sich sehr unterschiedlich ausdrücken. Ob sich jemand mehrere Monate lang schwarz kleidet, bei der Bestattung laut weint oder eine großformatige Traueranzeige in der örtlichen Zeitung schaltet, sagt nichts über die Größe seiner Liebe oder das Ausmaß seiner Trauer aus. Große Gesten sind für manche Trauernde zwar wichtig. Wenn es um einen gesunden Trauerprozess geht, sind kleine Rituale jedoch oft entscheidender. Der regelmäßige Besuch auf dem Friedhof, das sonntägliche Backen des Lieblingskuchens des Verstorbenen oder ein hübsches Foto in einer mit Kerzen und Andenken geschmückten Raumecke helfen dabei, im Trauerprozess voranzuschreiten. Heilsame Trauer heißt nicht, den Verstorbenen zu vergessen oder sich damit abzufinden, dass er gestorben ist. Vielmehr geht es darum, eines Tages bei angenehmen Erinnerungen nicht mehr ausschließlich den Schmerz des Verlustes zu spüren, sondern vor allem die Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit.
Wir sind sehr dankbar dafür, dass wir mit unseren Grabmalen einen Beitrag zu einer erfolgreichen Trauerarbeit leisten können.